Aus der Geschichte

Das Diasporahaus Bietenhausen verdankt seine Entstehung einer kleinen katholisch-pietistischen Bibellesergruppe, die um das Jahr 1820 in Bietenhausen entstanden war und im Jahr 1858, durch äußere Umstände gedrängt, mit 46 Personen zum evangelischen Glauben konvertierte. Diese Übertrittsgemeinde konnte sich durch Spenden und Vermächtnisse im Jahr 1860 ein eigenes Gemeindehaus mit Betsaal, Küche und Gemeinschaftsräumen bauen (das ehemalige Küchen- und Verwaltungsgebäude in Bietenhausen). 

In folgenden Jahrzehnten ging die Zahl der evang. Gemeindeglieder zurück. Auf Anregung von Pfarrer Theobald und Kommerzienrat Meyer aus Haigerloch sollte der Aufbau einer Schule auch die kleine evang. Gemeinde stärken. Wiederum mit Hilfe zahlreicher Spenden konnte ein Schul- und Werkhaus (das heutige historische Heimleitergebäude) ermöglicht werden. 

1895 wurde in Hechingen der Verein zur „Pflege und Erziehung evangelischer Kinder" gegründet. Ein Ziel dieses Vereins war es, Kinder aufzunehmen, die keine Gelegenheit hatten, bei sich zu Hause einen Konfirmandenunterricht zu besuchen. Bis in die jüngere Vergangenheit hinein war und ist deshalb das Diasporahaus auch als Konfirmandenheim in kirchlichen Kreisen bekannt. In einer Einklassenschule unterrichtete der Hausvater 35 Buben und Mädchen im Schulalter. 1896 konnte ein neues Schul- und Wohnhaus eingeweiht werden. Im Jahr 1905 kam ein ansehnliches Landwirtschaftsgebäude hinzu, da sich die Wirtschaftsfläche durch Vermächtnisse ledig gebliebener Gemeindemitglieder und durch Landzukauf auf über 8 ha erweitert hatte. Bis in die 50er Jahre änderten sich die äußeren Verhältnisse des Diasporahauses kaum. Die Einrichtung wurde von Hauseltern geleitet, die entweder Landwirte oder Lehrer waren. Der Hitlerstaat stand der evangelisch-karitativen Einrichtung sehr unfreundlich gegenüber. Im 2. Weltkrieg sollte das Haus enteignet und einer nazistischen Organisation übergeben werden. Am Kriegsende wurde das Diasporahaus trotz seines schlechten baulichen Zustandes Heimat für viele Flüchtlingskinder und Kriegswaisen.  

In den 50er Jahren begann eine Zeit ständigen Bauens, Erweiterns und Verbesserns der Baulichkeiten und unter der Leitung des späteren Direktors Erich Niethammer (1956) entwickelte sich das Diasporahaus von einem Konfirmandenheim mit einklassiger Schule zu einer modernen Jugendhilfeeinrichtung mit angeschlossener Schule für Erziehungshilfe, in der fast 160 Kinder in verschiedenen modernen Betreuungsformen sozial- und schulpädagogisch betreut werden. Nach dem Bau der 6 Gruppenhäuser auf dem traditionellen Heimgelände in Bietenhausen Anfang der 60er Jahre und dem Bau der neuen Schule 1970, waren auch die baulichen Voraussetzungen für eine zukunftsorientierte Entwicklung geschaffen.  Bereits Anfang der 70er Jahre (1974) wurden zwei der Gruppenhäuser mit dem Bau von abgeschlossenen Erzieherwohnungen erweitert. Im gleichen Jahr wurde die erste Außenwohngruppe in Haigerloch eingerichtet. Das Diasporahaus gehörte also mit zu den ersten Jugendhilfeeinrichtungen in Württemberg, die diese zeitgemäße Betreuungsform einrichtete. 

Kleine überschaubare Betreuungseinheiten, geprägt und geleitet von Gruppenleiterehepaaren, entstanden im Laufe der weiteren Jahre. Immer mehr wurde die pädagogische Betreuungsarbeit von den traditionellen Gruppenhäusern weg in diese kleinen Betreuungseinheiten im Zollernalbkreis verlegt. Dieser Prozess der Dezentralisierung ist heute noch nicht abgeschlossen. Zu den traditionellen, stationären Betreuungsformen auf dem Heimgelände traten ab Ende der 70er Jahre (1976) Tagesgruppen. Mit der Entwicklung dieser Betreuungsform schuf sich das Diasporahaus weit über die Württembergischen Landesgrenzen hinaus in der Fachwelt einen Namen als moderne Jugendhilfeeinrichtung. In Zusammenarbeit mit dem Jugendamt des Zollernalbkreises und dem des Landkreises Tübingen entstanden in der Folgezeit sogenannte Gemeinwesenorientierte Tagesgruppen, die als Häuser für Kinder und Eltern gemeindenah ihre Betreuungsangebote im Konzept einer regionalen Heimerziehung anbieten. 

In den letzten Jahren sind als weitere Betreuungskonzepte die Sozialpädagogische Familienhilfe, das Betreute Jugendwohnen, die Intensive Sozialpädagogische Einzelbetreuung und als Leistungen der Jugendsozialarbeit die Gemeinwesenorientierte Offene Jugendarbeit und die Schulsozialarbeit hinzugekommen.